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Für eine Liebe

NS-Strafverfolgungsinstanzen 8 3. NS-Strafverfolgungsinstanzen Die NS-Verfolgungsbehörden verfolgten kei- neswegs die gleiche Tat, nämlich das Praktizie- ren eines freundschaftlichen oder liebevollen Kontaktes einer deutschen Frau mit einem aus- ländischen Mann durch die gleichen Instanzen, sondern bestraften beide in unterschiedlichen Verfahren und mit unterschiedlicher Härte. Da- bei folgten die Verfolgungsinstanzen nicht aus- schließlich den tatsächlichen Gesetzen und Ver- fügungen, sondern die Praxis war auch in ver- schiedenen Phasen bestimmt durch politische Veränderungen, Interessen der Gau- und Kreis- leitung sowie des regional bestimmten Macht- kampfes zwischen der Justiz und dem NSDAP- Apparat. Prinzipiell aber ist festzustellen, das deutsche Frauen, die mit Kriegsgefangenen (bzw. den aus der Kriegsgefangenschaft in den Status der Zi- vilarbeiter Entlassenen) freundschaftliche Kon- takte pflegten, nach ihrer Vernehmung durch die Gestapo justiziabel verfolgt und nach dem § 4 der WehrkraftSchVO verurteilt wurden. Dieses geschah in wenigen Fällen von einem Amtsge- richt, überwiegend vom Landgericht Lüneburg oder vom Sondergericht Hannover, ab Juli 1942 von deren III. Kammer. Die beteiligten Kriegsge- fangenen hingegen wurden in das entsprechen- de Kriegsgefangenen-Stammlager überführt und dort von einem Kriegsgericht abgeurteilt. Jene Männer, die zuvor als Kriegsgefangene in den Zivilarbeiterstatus überführt waren, wurden so- fort wieder als Kriegsgefangene klassifiziert und ebenfalls von dem Kriegsgericht des zuständi- gen Stammlagers abgeurteilt. Handelte es sich aber bei den Beteiligten um Kriegsgefangene aus der Sowjetunion oder aus Polen, so wurden sie unmittelbar auf Anweisung der Gestapo in ein Konzentrationslager eingeliefert, überwie- gend nach Neuengamme. Bei freundschaftlichen Kontakten zwischen deutschen Frauen und ausländischen Zwangs- arbeitern aber erfolgte der Zugriff der Gestapo direkt auf beide Partner und das weitere Verfah- ren erfolgte in der Regel außerhalb der NS- Justiz: Die Frauen und Männer wurden in ein Konzentrationslager eingewiesen; Zwangsarbei- ter aus Polen und der Sowjetunion wurden von der Gestapo und SS, bzw. dem SD getötet. Nach Durchsicht der Gefangenenbücher des Landgerichtsgefängnis Lüneburg ist festzustel- len, dass ein sehr großer Teil der wegen ihres Kontaktes zu Zwangsarbeitern verfolgten Frau- en nach ihrer Festsetzung, Gefangennahme im Lüneburger Gerichtsgefängnis und den Verhö- ren durch die Gestapo unter Ausschaltung der Justiz direkt von der örtlichen Polizei in ein Straf- lager verbracht wurde, überwiegend in das Kon- zentrationslager Ravensbrück, das SS- Sonderlager Hinzert oder das Arbeitserzie- hungslager Unterlüß. So erging es auch einer jungen Frau aus Jarlin- gen bei Walsrode, deren Schicksal von J. Woock ( „NS-Justiz und NS-Juristenkarrieren nach 1945…“ ) aufgearbeitet wurde und hier beispielhaft und ausführlich benannt werden soll: „Auch die 19-jährige Else Meyerhoff bekam kei- ne Chance, sich vor einem Gericht gegen den Vorwurf, Geschlechtsverkehr mit einem polni- schen „Fremdarbeiter“ gehabt zu haben, zu ver- teidigen. Auf dem Hof der Familie B. in Jarlingen bei Walsrode wurde im Herbst 1941 der Ge- burtstag der Bäuerin, ihrer früheren Arbeitgebe- rin, gefeiert. In der Küche wurde getanzt und auch die beiden polnischen Zwangsarbeiter, die auf dem Hof arbeiteten, waren anwesend. Der eine, Eugen, wollte mit ihr tanzen. Sie lehnte aber ab: „Wenn Hitler tot wär´, dann könnten wir immer tanzen!“ Vier Tage später wurde sie von dem Hof ihrer Großeltern, wo sie arbeitete und wohnte, abge- holt und von der Polizei nach Bomlitz gebracht. Dort wurde ihr eröffnet, dass ihr Geschlechts- verkehr mit dem verheirateten Eugenius Les- niewski vorgeworfen würde. Der Mann, der sie verhörte, setzte sie unter Druck und versprach ihr, wenn sie mit ihm intim würde, käme sie wie- der frei. Sie ging darauf nicht ein, war aber so eingeschüchtert, dass sie auch später nicht auf die Idee kam, zu ihrer Verteidigung einen Arzt zu verlangen, der ihre Jungfräulichkeit hätte bestätigen können. Zwei Tage später wurde sie zusammen mit Lesniewski, von der Gestapo Fallingbostel in das Landgerichtsgefängnis in Verden eingeliefert und „in Schutzhaft“ genom- men. Nach zehn Tagen wurden beide in das Landgerichtsgefängnis Lüneburg überführt. Nach weiteren sechs Wochen erfolgt für Else Meyerhoff, ohne Gerichtsverhandlung und Urteil, die Einlieferung in das KZ Ravensbrück. Im nachstehenden Auszug aus dem Gefangenen- buch des Landgerichtsgefängnisses Lüneburg ist u. a. auch die Haftdauer von Else Meyerhoff erkennbar: „Annahmetag 31.10.41, Austrittstag 12.12.41“

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