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Für eine Liebe

R Nachwort 41 Ausstellung eines Haftbefehls angesehen wer- den, denn man beantragte zugleich eine soforti- ge Mitteilung darüber, falls dies nicht geschehe. Wozu diese sofortige Mitteilung der Staatsan- waltschaft für die Gestapo so wichtig war, geht u.a. aus einem entsprechenden Antrag des Ge- stapo-Mannes Schweim vom 30.11.1944 im Fall der Frau R. hervor: „Sollte Haftbefehl nicht er- lassen werden, wird um Rücküberstellung der R., die im Gerichtsgefängnis Lüneburg einsitzt, ge- beten.“ In diesem Fall nämlich würde die Gesta- po dafür sorgen, dass Frau R. nicht etwa aus der Untersuchungshaft entlassen wird, sondern dass sie in Schutzhaft der Gestapo bleibt, von ihr verschärft vernommen und zu weiteren Aus- sagen gezwungen oder in ein Konzentrations- lager deportiert wird. Es ist aus den Überliefe- rungen kein Fall bekannt, dass dem Gesuchen der Gestapo von der Staatsanwaltschaft nicht entsprochen wurde. Ausgestellt wurden die Haftbefehle zumeist vom Amtsgerichtsrat Godbersen. Alle Frauen (selbst der überwiegende Teil der jugendlichen Frauen unter 18 Jahren) mussten anschließend im Lü- neburger Gerichtsgefängnis in Haft bleiben bis zu ihrem Prozess, während sich die Gestapo und das Gericht/die Staatsanwaltschaft auf die Verhandlung, z. T. gemeinsam, vorbereiteten, die Fälle im Einzelnen (im persönlichen Ge- spräch, häufig auch telefonisch) diskutierten und weitere Vernehmungen durchführten. Dabei verzichtete das Gericht z. T. sogar auf eigene Vernehmungen und überließ dieses der Gesta- po. Vielfach wurden sodann die Ergebnisse die- ser Gestapo- Verhöre in die Anklageschrift ein- gebracht und vom Gericht übernommen, ohne dass eine eigenständige staatsanwaltschaftliche Überprüfung und Recherche stattfand. Nicht selten traten dann in dem Prozess ausschließ- lich die Gestapo- Männer als Zeugen der Ankla- ge auf, wie etwa bei dem Prozess vom 19.3.1941 gegen Elfriede H.: Die Staatsanwälte Kumm und Kliesch brachten in ihrer Anklage- schrift zur Eröffnung der Hauptverhandlung vom 19.2.1941 als Beweismittel ausschließlich die Gestapo-Verhörprotokolle und die Aussagen der Gestapo-Leute ein. Die Richter Dr. Emmermann, Dr. Heine und Gerichtsassessor Dr. Rabe folg- ten dieser Beweisführung und verurteilten Elfrie- de H. zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.( s. S. 25 ) Ein weiteres Bespiel dieser Praxis: Frau Marie G. (ihr wurde ebenfalls ein Verstoß gegen den ver- botenen Umgang mit Kriegsgefangenen in ei- nem schweren Fall vorgeworfen) gab zunächst zwar zu, ein freundschaftliches Verhältnis zu einem französischen Kriegsgefangenen gepflegt zu haben, aber eine intime körperliche Bezie- hung zu ihm stritt sie ab. Nun folgten weitere Verhöre durch die Gestapo und diese brachten sodann als Ergebnis, dass sie, worauf der Ge- stapo-Mann Frank am 13.3.1941 eindringlich hinwies, „einen Geschlechtsverkehr ... erst nach hartnäckigen Leugnen zugegeben“ habe. Frau Marie G. wurde auf dieser Beweisbasis zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren verurteilt. Nicht alle Frauen hatten vor dem Lüneburger Gericht soviel Glück wie Frau Editha D. aus Golste, die ihr durch die Gestapo erpresstes und von der Staatsanwaltschaft übernommenes Geständnis während der Hauptverhandlung am 25.10.1944 widerrufen konnte und vom Vorwurf eines schweren Falles freigesprochen werden musste, weil zwischenzeitlich selbst ein Feldkriegsgericht in der Verhandlung gegen ihren vermeintlichen Liebhaber kein schuldiges Verhalten erkennen konnte. (s. S. 14) Mit welcher Intensität und Verbissenheit Lüne- burger Richter und Staatsanwälte mit den Frau- en „kurzen Prozess“ gemacht haben, wird durch die letzten Prozesse deutlich: Selbst zu einem Zeitpunkt, als die Niederlage der faschistischen Wehrmacht und somit die Befreiung der NS- Opfer unmittelbar bevorstand, wurden in Lüne- burg noch Anklageschriften in dieser Sache ge- schrieben und Hauptverhandlungen beantragt wie jener gegen Frau Luise S. aus Ashau-

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