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Für eine Liebe

Anzahl, Ort und Zeitraum der Landgerichtsprozesse 15 der Öffentlichkeit wäre es unerträglich, sie weiter in Freiheit zu belassen.“). Der nicht von der Lüneburger Gestapo, sondern von den militärischen Instanzen vernommene Kriegsgefangene Rene F. jedoch blieb bei sei- ner Darstellung und stritt jede intim- geschlechtliche Beziehung zu Editha D. ab. Da ihm das Feldkriegsgericht nicht das Gegenteil beweisen konnte und auch Editha D., die als Zeugin geladen war, hier ebenfalls einen sol- chen Liebeskontakt zu ihm abstritt, wurde er freigesprochen. Danach widerrief Editha D. auch in ihrer Hauptverhandlung das Geständnis und musste, nach 3 Monaten Untersuchungshaft, ebenfalls freigesprochen werden. (14) Die Prozesse des Landgerichts Lüneburg fan- den überwiegend in den Räumlichkeiten des Gerichts Am Markt statt. In Einzelfällen aber tagte das Gericht auch als „Tatortverhand- lung“ in anderen Ortschaften wie Lüchow (am 17.5.1944 und 3.10.1944), Dannenberg (am 4.10.1944) und Uelzen (am 20.9.1944) und führ- te dort z. T. jeweils mehrere Verhandlungen an einem Tage durch. Die Entscheidung über den Prozessort scheint das Landgericht auf die NSDAP- Gauleitung übertragen zu haben, wie aus einer Notiz des Staatsanwalts Kliesch über eine Unterredung mit NSDAP-Kreisgeschäfts- führer Jahns vom 7.10.1944 hervorgeht.(15) 6. „Tatbeteiligte“ Kriegsgefangene (Nationalität) Frankreich: 23 (Kriegsgefangene/ aus der Ge- fangenschaft entlassene „Zivilarbeiter“) Sowjetunion: 4 Serbien: 2 Belgien: 2 Polen: 2 Bei zwei weiteren Kriegsgefangenen ist die Na- tionalität nicht bekannt. Dass es gerade Franzosen waren, zu denen sich Liebesbeziehungen entwickelten, liegt vor allem daran, dass gerade diese Männer meis- tens auf dem Land eingesetzt waren, aber auch an der im Oktober 1941 erfolgten Lockerung der Bewachung der französischen Kriegsgefange- nen durch das OKW. Von Bedeutung war au- ßerdem die 1943 erfolgte Beurlaubung französi- scher Kriegsgefangener, die dann in Zivil an ihre Arbeitsplätze zurückkehrten und von zivilen französischen Arbeitern, „... mit denen der Um- gang und auch der Geschlechtsverkehr, sogar die Heirat, erlaubt war“ (Boberach, Meldungen aus dem Reich, S. 6141), äußerlich nicht zu unterscheiden waren. Zudem bestand in der Bevölkerung entgegen aller „Erbfeind“-Propaganda grundsätzlich eine mehr positive, nicht-nationalistische Haltung gegenüber den Franzosen, wie aus den SD- Berichten zu Inlandsfragen hervorgeht. Die geringe Anzahl Polen, mit denen die angek- lagten Frauen Liebesbeziehungen unterhielten, die doch ebenso wie die Franzosen überwie- gend in der Landwirtschaft eingesetzt waren, erklärt sich aus der Wirksamkeit der rassisti- schen antipolnischen Propaganda, den anged- rohten hohen Strafen und der überwiegend nicht-justiziellen Bestrafung bei Umgang mit Polen, d. h. der Gefangennahme durch die Ge- stapo und Inhaftierung in einem Konzentrations- lager. Ebenfalls darf angenommen werden, dass in diesen Fällen wegen der hohen Strafen die Vorsicht der Liebenden sehr hoch war und des- halb eine Entdeckung und Denunziation ihrer Liebesbeziehung in nur wenigen Fällen gelang. Der nebenstehende Artikel des Wilhelm Marquardt wurde im Lüneburger Tageblatt am 19.3.1941 veröffentlicht. Mar- quardt schrieb diese Kampfschrift der faschistischen Her- renmenschen in seiner Eigenschaft als Referent für Volk- stumspropaganda im NSDAP-Gau Ost-Hannover mit Sitz in Lüneburg. Nach 1945 engagierte sich W. Marquardt als „Heimatfor- scher“ im Kreis Harburg und für die CDU kommunalpoli- tisch in Tostedt. Trotz antifaschistischer Proteste erhielt Marquardt in den 80er Jahren das Bundesverdienstkreuz.

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