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Für eine Liebe

Anzahl, Ort und Zeitraum der Landgerichtsprozesse 14 5. Anzahl, Ort und Zeitraum der Landgerichtsprozesse Den überlieferten Prozessunterlagen für den Landgerichtsbezirk Lüneburg und für das Son- dergericht Hannover ist deutlich zu entnehmen, dass während der ersten Kriegsjahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion (Unterlagen existie- ren lediglich ab 1941) zunächst die Strafverfol- gung nach § 4 der Wehrkraft-SchutzVO eine untergeordnete Rolle spielte und es sich über- wiegend um sogenannte „leichte Fälle“ handelte. Erst ab 1944 stieg die Anzahl jener Prozesse, nun allerdings rapide, an. Die Anzahl der Prozesse, die während der letz- ten 8 Monate bis zur Befreiung geführt wurden, überstieg jene der vorhergehenden 3 ½ Jahre um ein Vielfaches: Eine ebensolche Entwicklung lässt sich nach- zeichnen bei jenen ausschließlich vor dem Lü- neburger Landgericht wegen verbotenen Um- gangs mit Kriegsgefangenen durchgeführten Prozessen im genannten Zeitraum: 1941: 2 Prozesse 1942: 1 Prozess 1943: 2 Prozesse 1944: 21 Prozesse, davon 18 im 2. Halbjahr 1945: 9 Prozesse bis zum 11.4.1945 Überlieferungen lassen sich über zwei weitere Anklagen der Lüneburger Staatsanwaltschaft finden, nicht jedoch die dazu gehörigen Pro- zessunterlagen. Über eine mögliche Dunkelziffer durch Vernich- tung der Unterlagen lässt sich lediglich spekulie- ren. Untersuchungen über Prozesse dieser Art im Landgerichtsbezirk Verden kommen auf eine Anzahl von 65, im Landgerichtsbezirk Hannover (jeweils ohne Sondergerichte) auf 47. Am Sondergericht Hannover wurden im gleichen Zeitraum für den Oberlandesgerichtsbezirk in mindestens 144 Prozessen 168 deutsche Frau- en wegen verbotenen Umgangs mit Kriegsge- fangenen angeklagt. Die Gründe für die extreme Häufigkeit dieser Prozesse wegen verbotenen Umgangs mit Kriegsgefangenen in schweren Fällen 1944/1945 lassen sich finden im zunehmend massiveren Einsatz der Kriegsgefangenen im Laufe dieser Jahre in der Landwirtschaft, in der vielfach erfolgten Statusumwandlung der fran- zösischen Männer von Kriegsgefangenen zu beurlaubten Kriegsgefangenen/Zivilarbeitern und der damit verbundenen Möglichkeit der Kontaktaufnahme ab 1943, in der fortdauernden Abwesenheit der deutschen Männer sowie im gewachsenen Selbstbewusstsein der Frauen. Vielfach aber – das ist den Prozessunterlagen von 1944 und 1945 deutlich zu entnehmen – entwickelten sich diese Beziehungen wie auch in Friedenszeiten in der Regel üblich über einen längeren Zeitraum. Sie begannen bereits 1941/1942 als erste Kontakte unter Arbeitskolle- gen/-innen im landwirtschaftlichen Betrieb und entwickelten sich in den Folgejahren soweit, dass ihr Liebes-Tun im letzten Kriegsjahr als schwerer Fall nach § 4 der Wehrkraft-SchutzVO justiziabel und vom Landgericht abgeurteilt wur- de. Angeklagt waren in diesen Prozessen vor dem Lüneburger Landgericht wegen verbotenen Um- gangs mit Kriegsgefangenen 42 Frauen sowie, in einem leichten Fall (s. S. 16), 2 Männer. Alle Personen wurden verurteilt – mit zwei Ausnah- men: - Frau Ilse B. aus Oldendorf wurde freigespro- chen, „weil sie mangels der erforderlichen geis- tigen und sittlichen Reife zur Zeit der Tat straf- rechtlich nicht verantwortlich ist.“ Ihr wurde ein Schwachsinn attestiert („... schwer von Begriff und von erheblicher geistiger Schwerfälligkeit“) und sie wurde allem Anschein nach in das Pro- vinzial Heil- und Pflegeheim eingeliefert. Der zur Tat zugehörige Deliquent, der französische Kriegsgefangene Leon C., der mit Ilse B. drei Jahre auf dem Hof des Bauern Bellmann gear- beitet hatte, bestritt vor dem Feldkriegsgericht vehement jeglichen Liebeskontakt zur Frau Ilse B.(13) - Die Hausgehilfin Editha D. stritt nach ihrer vor- läufigen Festnahme gegenüber dem örtlichen Gendarmen in Golste zunächst ab, mit ihrem Arbeitskollegen, dem französischen Kriegsge- fangenen Rene F., geschlafen zu haben. Durch abermalige Verhöre und durch die Lüneburger Gestapo unter Druck gesetzt, gab sie schließlich an, mit ihm doch Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. „Erst als man ihr lange Zeit energisch zusetzte und sie immer wieder auf die hohe Strafe hin- gewiesen habe, die sie zu erwarten habe, wenn sie nicht geständig sei, habe sie ... den Ge- schlechtsverkehr mit dem Kriegsgefangenen zugegeben.“ Auf der Grundlage dieser Gestapoverhöre ver- fügte Amtsgerichtsrat Godbersen einen Haftbe- fehl. („Mit Rücksicht auf die Schwere der Tat und die durch sie hervorgerufene Erregung in

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